CITY ON FIRE

Im Sommer bin ich über ein Interview mit Garth Risk Hallberg im ZEITmagazin gestolpert und die Tatsache, dass er zwei Millionen Dollar Vorschuss für sein tausendseitiges Debüt CITY ON FIRE bekam, machte mich neugierig, es zu lesen. Außerdem wollte ich immer mal nach New York, warum die Lesereise also nicht gleich mit einer Zeitreise in die 70er Jahre verbinden? Ich habe es auf Englisch gelesen.

Wie Hallberg mit der Zeit als erzählerisches Stilmittel umgeht, hat mir ganz besonders gut gefallen.
Es sind neun Protagonisten, deren Schicksale auf wunderliche Weise rund um ein Kriminalgeschehen im Kessel New Yorks verwoben sind, dass es ein Spaß ist, darüber zu lesen, weil diese Verknüpfungen erst nach und nach zum Vorschein kommen und man als Leser gefordert wird, sich zu erinnern oder aufmerksam zu lesen, um sich an manche Stelle genau erinnern zu können.
Die Art, wie Hallberg die Perspektivwechsel zwischen den Figuren entwickelt hat, nämlich, dass er ein Ereignis mal aus der Sicht des einen, dann zum Teil aus der Sicht des anderen erzählt, während eine weitere Figur in der Ferne an einer Straßenkreuzung vorbeihuscht, was vielleicht erst viel später an Bedeutung gewinnt und die Zeit in dem Roman also immer wieder ein Stückchen vor und zurückgedreht wird, dann in einem Gedanken mal weit in die Zukunft des jeweiligen Lebens blickt, fand ich gelungen. Mittendrin geht es sogar nochmal zurück in die 60er Jahre und die Figuren bekommen ein plastischeres Profil, weil man erfährt, warum sie so sind, wie sie sind.

Abwechslungsreich und visuell ansprechend fand ich die Unterbrechungen, wenn hier und da mal ein handgeschriebener Brief, ein journalistischer Beitrag mit Kaffeeflecken oder ein paar Fotos zwischen den Seiten stecken und man ziemlich genau erfährt, wie früher in Italien die Feuerwerkskörper von Hand hergestellt wurden.
Die Episode rund um Drogensucht und Punks hat mich persönlich nicht so wirklich angesprochen, aber vermutlich sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein… City on Fire hätte für mich auch spannend sein können, ohne dass gleich ein Gewaltverbrechen geschieht und aufgeklärt werden muss.

Wenn man sich als Leser an so einen Klotz wagt – und ich mag gar nicht daran denken, wie sich erst der Schriftsteller gefühlt haben muss, als er mit vollen Taschen vor seinen leeren Seiten saß, aber Risk ist ja nun mal sein zweiter Vorname – muss man eben Zeit und Geduld mitbringen, aber das wird in epischer Breite, gewürzt mit unzähligen literarischen, künstlerischen und musikalischen Bezügen, auf unterhaltsame Weise belohnt!

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