Die Schneeflocke

Einst fliegt eine Schneeflocke auserkoren,
Aus des Wolke nassen Poren.
Die Schneeflocke ist nicht mehr weit oben,
Und landet nun auf nassem Boden.

Verzweifelt schmilzt sie nun hinfort,
An einen weit entfernten Ort.
Dunkelheit drei Tage lang,
Ihr ist inzwischen Angst und Bang.

Ins Meer und danach hoch hinauf,
Der Dampf sie zur Wolke trägt hinauf.
Schließlich fliegt sie wieder als Schneeflocke
Durch die Luft,
Um zahllose Kinder zu erfreuen!

Leo Gartenstadt (11)


Wie Sterne aus der Verlorenen Zeit

Als ich begann die Verlorene Zeit zu suchen und im ersten Band, Unterwegs zu Swann, in die Beschreibung einer französischen Landschaft eintauchte, hatte ich plötzlich die Seerosenbilder von Claude Monet in ihrer schillernden Klarheit vor Augen. Es berührte mich sehr, als ich im Anhang las, dass sich Marcel Proust genau an dieser Stelle (Seite 248, Taschenbuchausgabe Suhrkamp) tatsächlich auf Monets Nymphéas bezieht, die ich 2004 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin gesehen habe.

Als fleißige Fußnotenleserin spürte ich noch mehr Gemälde in Prousts Romanwelt auf und suchte sie mir im Internet zusammen oder besuchte das Mauritshuis in den Haag, um das kleine gelbe Mauerstück in Vermeers Ansicht von Delft zu suchen.
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Süddeutsche Zeitung

Süddeutsche Zeitung, 24. Dezember 1996
Auf der Suche nach dem gelben Mauerstück

Wie Marcel Proust bei Vermeer etwas sah, das gar nicht da ist

Das kleine gelbe Mauerstück nämlich ist für Bergotte und dessen Autor nichts anderes als die Vollkommenheit selbst: jene Vollkommenheit in der Darstellung irgendeiner scheinbar belanglosen Einzelheit dieser Welt, neben der alles andere nichtig wird, auch das eigene Werk.

von Dieter E. Zimmer